Donnerstag, 10. April 2014

Wellness ist nicht, was Hoteliers darüber denken

Wellness ist nicht, was Hoteliers denken, sondern was Gäste erwarten. Seit Jahren wird Wellness gleichgesetzt mit nachhaltiger Gesundheit - das wird sowohl von Wellnesshotels, als auch von Verbänden propagiert: dem Deutschen Wellnessverband, den Wellnesshotels Deutschland, Wellvital usw. usw.. Dabei ist Wellness aus Gastsicht viel einfacher:
  • Entspannen
  • Wohlfühlen in stimmiger Umgebung
  • naturnah
  • authentisch
  • genussvoll
So einfach ist das. Und mehr ist es nicht. Basta.
Warum sind die Kriterien für die Mitgliedschaft in den genannten Vereinigungen dann so viel komplexer?
Warum werden sie in einer Untersuchung von Stiftung Warentest 9 von 46 Siegeln als hilfreich angesehen? Aber auch die Studie von Stiftung Warentest legt als Qualitätsbedingung für das Wellnesshotel fest: "Bleibendes für den Alltag - Vorbeugen ist besser als heilen. (...) Es fördert die Gesundheit langfristig und umfassend." Ok, Wellness ist nicht gerade ungesund. Aber diese medizinische und holistische Sicht des Begriffes deckt sich eben nicht mit der Sicht der Gäste.
Bewegungsangebote werden nur wahrgenommen, weil es Kassenzuschuss gibt
Es ist ein Kampf gegen Windmühlen, einer Plattform beizubringen, dass Wellness und Gesundheit für den Gast nicht synonym sind und daher nicht über einen Menüpunkt angeboten werden dürfen.
Es kommt aus der unkritischen Übernahme des Englisch/Amerikanischen Begriffes "Wellness"
In den USA sieht die Sache anders aus - hier ist Wellness viel eher mit Prävention gleich zu setzen. Dazu zwei Zitate:

Der Amerikanische Arzt Dr. Dunn spricht 1959 von einem Zustand „(...) hohem menschlichen Wohlbefindens, welches den Menschen bestehend aus Körper, Seele und Geist sowie abhängig von seiner Umwelt versteht.[1]



Gesundheitskontinuum nach Travis[2]

So ist das in den USA - aber nicht bei uns. 
Ich sage nicht, dass man sich im Urlaub nicht auch gesundheitlich etwas Gutes tut - das machen die Deutschen seit dem Boom der Kaiserkuren. Ich sage aber, dass das nicht die Hauptmotivation für Wellness ist.

Die Sauna im Keller ist es aber auch nicht
Der Gast hat aber hohe Ansprüche, das steht ausser Frage. Das wird dazu führen, dass unsere Siegel an Bedeutung verlieren werden. Holidaycheck, Tripadvisor usw. werden in Ihren Bewertungen Betriebstypen aufnehmen - damit Gast dem Gast sagt: "ja, hier findest Du Wellness".

Viele, brave Gäste wünscht
Armin Gross



[1] Travis 1984 in Wellness-Tourismus, Berner Studien zu Freizeit und Tourismus, Universität Bern 1999, Übersetzung und leichte Veränderung durch den Autor;




[2] Nach Dunn 1959a, 1959b, 1961 in Lanz Kaufmann, Wellness-Tourismus, Berner Studien zu Freizeit und Tourismus, Universität Bern 1999;S.35

1 Kommentar:

  1. Toller Artikel.
    Ich denke auch, dass "Wellness" nicht direkt mit "gesund werden" gleichzusetzen ist. Es geht hier um das entsprechende Wohlbefinden des Gastes, das den Urlaub erst komplett macht. Vor allem ist wichtig, "Wellness" von "Krankheit" abzugrenzen, denn Gesundheitstourismus hat ständig den Beigeschmack, dass man Krank sein muss um diese Form von Urlaub zu beanspruchen.

    AntwortenLöschen